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Europäischer Forschungs- & Bildungsraum

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Europa ist ein forschungs- und innovationsintensiver Kontinent. Bei einem Anteil an der Weltbevölkerung von rund 7 %, werden rund 20 % der weltweiten Investitionen in Forschung und Entwicklung getätigt und ein Drittel aller exzellenten wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Der Wettbewerb um die besten Köpfe, die tollsten Innovationen, die durch Unternehmensgründungen zu wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Wohlstand führen, ist groß und Programme wie Horizon Europe leisten einen wesentlichen Beitrag zur Positionierung Europas als Forschungs- und Innovationsstandort. Viele europäische Länder investieren viel in Forschung und Innovation, aber die Ausgangs- und Rahmenbedingungen für Wissenschaft, Forschung und Innovation sind in den EU-Mitgliedsländern sehr unterschiedlich und mehrere Mitgliedsstaaten haben auch starken Nachholbedarf in Richtung europäischer Leader im Bereich von Forschung und Innovation.

Daher sind Aufschwung, Digitalisierung, Innovation, grünes Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand für die BürgerInnen Europas auch zentrale strategische Ziele, die hinter dem 1,8 Billionen Euro EU-Haushaltsbudget für den Zeitrahmen 2021 bis 2027 stehen.

Gewichtige Förderprogramme wie Horizon Europe sollen dazu beitragen, Europa im globalen Wettbewerb durch Forschung und Innovation stark zu positionieren. Horizon ist damit auch das Hauptinstrument, um zentrale Zielsetzungen der europäischen Forschungs- und Innovationspolitik zu adressieren, die wiederum im Europäischen Forschungs- und Bildungsraum ihren Niederschlag finden.

Der Europäische Forschungsraum (EFR) ist in Form einer Zielbestimmung im EU-Primärrecht verankert (Artikel 179 AEUV). Demnach soll ein europäischer Raum der Forschung geschaffen werden, in dem Freizügigkeit für ForscherInnen herrscht und wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei ausgetauscht werden. Viele nennen den EFR auch den „Binnenmarkt des Wissens“. Die Umsetzung dieser Zielbestimmung des EU-Vertrags erfordert vielfältige Reformen in jedem Mitgliedstaat der Union, um zu gewährleisten, dass die Karrieren von Forschenden, die Forschungsinfrastrukturen, die Förderprogramme etc. möglichst ohne Barrieren zwischen den EU-27 entwickelt werden.

Hinter dem Konzept des Europäischen Bildungsraums (EBR), das bis 2025 umgesetzt werden soll, steht hingegen die Vision eines Europas, in dem Auslandsaufenthalte zu Studien- und Lernzwecken zur Norm werden und Schul- und Hochschulabschlüsse EU-weit anerkannt werden. Neben der Muttersprache sollen junge Menschen noch weitere Sprachen lernen und alle, unabhängig von ihrem sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund, Zugang zu hochwertiger Bildung haben – so einige der zentralen Zielsetzungen. Im Zentrum des Europäischen Bildungsraumes stehen die Qualität von Hochschulbildung, Inklusion und Gleichstellung, der ökologische und digitale Wandel sowie eine starke globale Positionierung europäischer Bildungssysteme.

Zur Konkretisierung und Umsetzung der Vorhaben des neuen EFR wurde ein neues Gremium mit dem Namen „ERA Forum for Transition“ eingerichtet, das von der Europäischen Kommission geleitet wird und sich zusätzlich aus VertreterInnen der 27 Mitgliedstaaten und assoziierten Ländern zusammensetzt.

In Bezug auf die Zielsetzungen des EBR soll die neue Strategie für Aus- und Weiterbildung 2030 eine wesentliche Rolle spielen. Für 2025, dem Jahr der definitiven Umsetzung des EBR, ist eine Evaluierung geplant und 2030 sollen die Ziele endgültig umgesetzt sein. Die zahlreichen Initiativen und Projekte werden vom Erasmus+ Programm finanziell gefördert.

In Verbindung mit den gesellschaftlichen Herausforderungen wurden in den letzten Jahren fünf EU-Missionen definiert, wovon vier den Klimawandel adressieren. Im Rahmen der Missionen werden ganz konkrete Zielsetzungen definiert, wie z.B., dass es bis 2030 100 klimaneutrale Städte in Europa geben soll. Missionen betreffen nicht nur den Forschungsbereich, sondern adressieren zahlreiche Politikfelder, die letztlich alle an einem Strang zu ziehen haben, um die jeweilige Zielsetzung zu erreichen. Neben technischen Innovationen sind zur Zielerreichung der Missionen auch soziale Innovationen gefragt.

Zur Stärkung der Beteiligung und des Europäischen Forschungsraumes werden Maßnahmen zur Förderung der Forschungs- und Innovationssysteme in den EU-Ländern mit Nachholbedarf gesetzt und damit die Brücke zu den politischen Zielsetzungen, die mit dem EFR und dem EBR verbunden sind, geschlagen.

Bis 2030 sollte ein Binnenmarkt für Wissenschaft und Forschung geschaffen und damit auch der EFR und der EBR zusammengeführt werden, um u.a. Forschungskarrieren anzugleichen, durchlässige Aus- und Weiterbildungssysteme und damit verbunden auch einen gemeinsamen Arbeitsmarkt für Forschende zu schaffen, die auch Zugang zu exzellenten europäischen Forschungsinfrastrukturen haben.

Sowohl der EFR als auch der EBR befinden sich jedoch bereits jetzt in Veränderung. In den letzten Jahren sind sowohl im EFR als auch im EBR viele Initiativen gestartet worden, die es nun zu bündeln und besser aufeinander abzustimmen gilt. Letztlich erscheint daher eine Zusammenführung des Europäischen Bildungsraums und des Europäischen Forschungsraums in einen einzigen Innovationsraum sinnvoll.

Unter Kommissionspräsidentin Von der Leyen sind die Initiativen im Bildungs- und Forschungsbereich massiv gestiegen sowie deren Verzahnung mit anderen Politikbereichen – insbesondere mit dem Arbeits- und Sozialbereich, aber auch in Bezug auf Digitalisierung. Ein neuer Bildungsraum soll wie erwähnt bis 2025 geschaffen werden, neue individuelle Lernkonten für alle EuropäerInnen sollen eingeführt werden und vieles mehr.

Das hat zu einem Wildwuchs an Räumen, Rahmen und sonstigen Soft-Instrumenten geführt. Eine kontinuierliche Verschränkung der verschiedenen Politikbereiche erscheint sinnvoll, da die Globalisierung trotz aller Konflikte und Herausforderungen, im europäischen Bildungs-, Forschungs- und Innovationsraum weiter voranschreitet. Um die Stärken Europas im Bildungs- und Forschungsbereich stark ausspielen zu können, sollten die verschieden existierenden Räume zu einem Innovationsraum mit klaren einfachen Governance-Strukturen gebündelt werden. Gemeinsame regelmäßige Ratstreffen der Forschungs- und BildungsministerInnen könnten hierfür institutionalisiert werden, gefolgt von einer stärkeren Verzahnung der bestehenden High Level Gruppe auf Ebene des höheren Managements der jeweiligen Ministerien (Sektionschefebene) und, darunter, entsprechender Arbeitsgruppen.

Horizon Europe ist ein hochwirkungsvolles Instrument zur Stärkung und Positionierung der europäischen Wissenschafts- und Innovationskapazitäten im globalen Wettbewerb. Die Umsetzung der fünf EU-Missionen zur Bewältigung zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen erfordert nicht nur Maßnahmen auf europäischer Ebene, sondern auch auf Ebene der Mitgliedstaaten. Zahlreiche Initiativen und Vorbereitungsprojekte sind sowohl auf EU-Ebene als auch auf jener der Mitgliedstaaten in unterschiedlichen Intensitäten am Laufen. Hier gilt es eine strategisch intelligente Zusammenschau sicher zu stellen, sowohl in Bezug auf die Governance-Ebene als auch in Hinblick auf die Implementierung von Projektergebnissen und damit in Richtung Impact der Missionen.

Auch eine Indexierung und Flexibilisierung der EU-Forschungs- und Bildungsausgaben sollte angestrebt werden. Angesichts der aktuell hohen Inflation und einer möglichen neuen Wirtschaftskrise aufgrund der Pandemie und des Krieges in der Ukraine, müssen die derzeitigen Ausgaben in Bildung und Forschung zumindest beibehalten werden. Das kann durch eine jährliche Indexierung der Bildungs- und Forschungsausgaben erreicht werden. Damit wäre eine nachhaltige Finanzierung gesichert, die Wohlstand für die Zukunft Europas bringt.

Andererseits müssen die Flexibilisierungsmöglichkeiten von Erasmus+ und Horizon Europe weiter ausgebaut werden, sodass diese schneller und effizienter auf neue Krisen reagieren können. Es sollte ein Krisenfonds innerhalb der Programme geschaffen werden, der schnell und unbürokratisch für erste Maßnahmen bei zukünftigen Krisen eingesetzt werden kann.